Der pubertierende Eurasier, oder

                          "Hilfe, mein Eurasier wird erwachsen!"

Die Pubertät (nicht nur) beim Eurasierrüden

(Ein kleiner Leitfaden für eine "schwierige" Entwicklungsphase aus Sicht einer Eurasierbesitzerin)

 

"Was ist nur mit meinem Hund los, er hat sich doch bisher mit allen vertragen???" Diese Frage wird mir oft (und vorwiegend von Rüdenbesitzern) gestellt, deren Tiere ein Alter von 2-3 Jahren erreicht haben. Deshalb möchte ich versuchen, einige grundlegende Dinge zu erklären.

 

Die Entwicklungsphasen unserer Hunde

  • Welpenphase
  • Junghundphase
  • Pubertätsphase
  • der Erwachsene Hund
  • der alternde Hund
  • der alte Hund

Wir haben unseren Welpen im Alter von 8-10 Wochen in unsere Familie geholt und die niedliche Welpenzeit in  allen Sequenzen genossen. In der anschließenden Junghundphase wuchs unser Eurasier zu einem wohlerzogenen Begleiter heran,der, offen für alles Neue, bei unseren Mitmenschen Bewunderung auslöste.

Und jetzt? Manchmal erscheint es uns, als sei "die Festplatte gelöscht".

Keine Sorge: unser Eurasier ist "nur" in der Pubertät! Aber:

 

Was versteht man unter Pubertät?

 

Die Pubertät ist als eine Übergangsphase zu verstehen. Das bedeutet: die Junghundphase ist beendet, jedoch ist unser Hund noch nicht erwachsen. Diese schwierige Zeit ist vollkommen natürlich, denn sie gehört zur Überlebensstruktur eines Rudels. Verglichen mit uns Menschen könnte man sagen, unser Hund ist nun ein Teenager. (Wer erinnert sich nicht an seine eigene Teenagerzeit oder die seiner Kinder :-)? )

Es ist eine Zeit der Veränderung, auch hormonell, eine Zeit der seelischen Reife und gleichwohl eine Stabilisierungsphase, in der die Weichen für die Zukunft gestellt werden.

Dieser Umbruch beinhaltet aber auch eine große Unsicherheit im Verhalten unseres Eurasiers. Die Rangfolge innerhalb des Rudels / der Familie und damit das Verhältnis zu seinen Menschen ist noch nicht klar definiert:

stehe ich unter, neben oder über meinen Menschen??

 

Welches Verhalten zeigt unser Hund während der Pubertät?

 

  • Erlerntes wird in Frage gestellt.
  • Unser Hund testet seine Grenzen gegenüber seinen Menschen und/oder Artgenossen aus.
  • Unser Hund trifft neuerdings seine eigenen Entscheidungen.
  • Unser Hund ist nicht abrufbar.
  • Unser Hund zeigt rüpelhaftes Verhalten gegenüber anderen Menschen und/oder Artgenossen.
  • Unser Hund reagiert mit Unsicherheit, wenn sein Verhalten nicht zum gewünschten Ziel führt.
  • Unser Hund versucht auf verschiedenste Weise, seinen Platz im Rudel / der Familie zu finden.

Diese Liste ist sicherlich unvollständig, denn der Ideenreichtum unserer Hunde in dieser Zeit ist groß,

Teenager eben !!!

 

Worauf basiert dieses Verhalten?

 

In einem Rudel herrscht eine ganz klare, soziale Struktur. Die Basis dazu bildet die Rangordnung, die in der Gruppe ausgefochten wird mit dem Ergebnis einer eindeutig definierten Stellung jedes einzelnen Tieres. Damit verbunden sind unterschiedliche "Aufgabenbereiche" innerhalb des Rudels.

Speziell für bestimmte Rüden besteht ein Aufgabenbereich in der Sicherung von Sozialpartnern, hier vorwiegend der weiblichen und der Welpen. Übertragen auf unser Zusammenleben in der Familie bedeutet dies oftmals den Schutz der weiblichen Familienmitglieder und der Kinder. (Dies wir mir häufig in Erfahrungsberichten "Betroffener" geschildert)

Unsere Aufgabe besteht nun darin, dieses Verhalten zu lenken, und dafür ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt.

Reagieren wir jetzt mit Unsicherheit, werden wir dieses im Hunde- sprich Wolfsrudel normale Verhalten zu einem problematischen Schutzverhalten steigern, oftmals der Beginn der Schwierigkeiten mit unseren "Puber-Tieren".

 

Wie helfe ich meinem Hund und mir in dieser Phase?

 

Jetzt müssen wir stark sein, mehr sein als der Kuschelpartner! Für unseren Hund ist ein Rudel ohne Führung unvorstellbar. Geben wir ihm jetzt keine klare Struktur, wird ER die Führung übernehmen (müssen!) und mit dieser Aufgabe ist er oft völlig überfordert.

Denken wir diesen Ansatz weiter und stellen uns vor, zwei oder mehr solcher vermeindlichen "Chefs" treffen aufeinander: da sind die uns bekannten leidlichen Auseinandersetzungen vorprogrammiert, denn die "Chefs" fühlen sich ja für uns verantwortlich!

Es ist unsere Aufgabe, unserem Hund Klarheit durch eine definierte soziale Struktur zu geben, Klarheit über seine Stellung in der Familie.

Unser Hund wird in Folge "dankbar" sein, denn für ihn ist es viel entspannter, sich in jeder Situation an uns orientieren zu können und nicht selbst stets agieren zu müssen.

 

Wie kann ich dieses Ziel erreichen? (Ein paar Bespiele aus meiner eigenen Erfahrung)

 

Die Leitworte sind: liebevolle Konsequenz und Führungsqualität !!!

 

  1. Wichtig ist meine Körpersprache, die nonverbale Kommunikation. Durch meine eigene Unsicherheit verstärke ich das rüpelhafte Verhalten meines Hundes.
  2. ICH bestimme, was-wann-wo geschieht, das heißt, ICH übernehme IMMER die Führung.
  3. Beim Zusammentreffen mit Artgenossen, Radfahrern, Joggern........ bringe ich meinen Hund IMMER am Wegesrand ins "Sitz" und schirme ihn mit meinem Körper ab.
  4. ICH entscheide jetzt aus der Ruhe heraus, ob und wann Kontakt zu unserem Gegenüber aufgenommen wird.
  5. Ist es doch "passiert", nehme ich meinen Hund ruhig aus der Situation heraus, bestrafe ihn aber nicht für sein unangemessenes Verhalten.
  6. Ich wiederhole "Herausnehmen" und "Konfrontieren", entsprechendes Verhalten verstärke ich positiv durch Lob, Spiel oder Leckerchen.

...und zu Hause?

  1. Ich schaffe Tabus, zum Beispiel bleibt die Couch Menschen vorbehalten. (...ja...ich weiß :-) )
  2. Bei der Fütterung geschieht der Gang zum Futternapf erst nach meinem Kommando und nicht früher!
  3. Es steht kein Futter zur freien Verfügung über Tag bereit.
  4. ICH entscheide, wann gestreichelt, gespielt, gefressen wird und auch, wann Schluss ist.
  5. Beim Einsteigen ins Auto und beim Verlassen des Autos wartet mein Hund auf das entsprechende Kommando.

Gut, das alles mag für den Moment viel erscheinen,aber unser Hund wird es uns danken. Dies alles wird

ganz schnell zur täglichen Routine und so kann sich das Zusammenleben mit unserem Hund zu dem entwickeln, was wir UND unser Hund uns wünschen: einem gut funktionierenden, existenzfähigen "Rudel"!

 

Über all dem steht aber der Begriff "GEDULD"! Geben wir unseren Hunden und uns die Zeit, diese heikle Entwicklungsphase zu "überstehen"!

Wir werden keinen Welpen mehr vor uns haben und auch keinen Junghund mehr.

Dafür aber einen folgsamen Freund und Begleiter, mit dem wir alle Situationen des Alltags souverän meistern.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrem Eurasier ein verständnisvolles Miteinander

und im Anschluss eine wundervolle, entspannte gemeinsame Zeit.

 

Zur Vertiefung

Literatur: Hundetraining mit Martin Rütter

               Kosmos Verlag

               ISBN 13: 978-3-440-10827-7

 

Im Internet finden Sie einen informativen Text zum Thema von Dr. Gabriele Niepel

unter dem Link: http://www.kromfohrlaender-von-der-au.de/artikel/Pubertaet_ueberleben.pdf

 

 

Text: Jenny Hengsten